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26. August 2016
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Unsere spontane Piz Palü-Überschreitung

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Piz Palü in seiner ganzen Pracht

Piz Palü, wir kommen

2014 waren Dennis und ich gemeinsam mit Markus das erste Mal gemeinsam am Piz Palü und wollten uns am legendären Ostpfeiler probieren. Leider machte uns damals das Wetter einen Strich durch die Rechnung und so ging es „nur“ über den Normalweg auf den Piz Palü Ostgipfel (zum Bericht geht es hier). Den Hauptgipfel strichen wir damals wegen des herein ziehenden, dichten Nebels.
Seit diesen Tag ist auch der Ostpfeiler ein großer Traum von mir geworden. Erst der Zustieg über eine tolle Gletscherlandschaft, die einmal wieder zeigt, wie klein wir Menschen doch auf dieser Erde sind. Dann ein wundervoll fester, felsiger Grat bis in den vierten Schwierigkeitsgrad hoch und oben hinaus ein Firngrat, der gen Himmel strebt.

Was will ein Bergsteigerherz mehr?

 

Piz Palü Überschreitung, Donnerstag 4. August

Morgenstimmung auf der Marco e Rosa HütteStart gemütlich um 7:30 Uhr. Alex hat sogar Micky Mouse Ohren dabei.Für Hochtourenverhältnisse schlafen wir quasi aus und so klingelt der Wecker erst um 6 Uhr. Wir taumeln etwas kaputt – sind halt doch noch nicht perfekt akklimatisiert und die Nacht auf 3600m war da natürlich nicht gerade zuträglich – Richtung Frühstück. Beeilen müssen wir uns dennoch nicht, da wir heute eigentlich nur die Bellavista-Traversierung mit Abstieg über den Fortezzagrat vor uns haben. Dennoch spielen wir alle vier – nach einem Gespräch am Vorabend mit einem sympathischen Bergführer – mit dem Gedanken, die Piz Palü Überschreitung anzugehen.

Mal sehen, wie wir zeitlich an der „Wegkreuzung“ von Piz Palü und Fortezzagrat liegen.

Gletscherwelt Bernina Bergträume

 

Bellavista Traversierung

Gegen halb acht stapfen wir angeseilt Richtung Bellavistaterrassen los und durchwandern eine wundervolle und beeindruckende, morgendliche Gletscherwelt. Vor dem Hintergrund der 40 Meter aufragenden Seracs, lernt man wirklich Demut. Man ist doch nur ein kleiner Punkt in der unendlichen Reichweite des Universums.

Über den Wolken, wir genießen unter den Bellavistaterassen Aufstieg an der Bellavista

 

Die Entscheidung

Als wir an der Abzweigung Richtung Fortezzagrat ankommen ist nach kurzer Diskussion klar, dass wir gut in der Zeit liegen und die Piz Palü Überschreitung angehen werden. Zügig ist der Einstieg in den Felsgrat Richtung Hauptgipfel erreicht und wir entscheiden uns, alles seilfrei zu gehen. Das Gelände gestern war doch schon anspruchsvoller und wir fühlen uns alle in der morgendlichen, warmen Sonne gut und mental fit. Wir vier erstürmen in zügiger Kletterei den Grat. Trotz der Tatsache, dass Lukas und ich an einer Stelle unterhalb der Gratschneide fälschlicherweise queren und dann erst mal eine geeignete Stelle für das erklettern des Grates suchen müssen, erreichen wir alle nach knapp 50 Minuten bereits den Firnrücken hoch Richtung Piz Palü. Hier holen wir auch alle drei anderen Seilschaften vor uns ein und können nach einer kurzen Pause als erste Seilschaft Richtung Hauptgipfel starten, welchen wir kurze Zeit später auch erreichen.
Dennis am Felsgrat zum Piz Palü

Gipfelglück nach zwei Jahren

Endlich stehen wir auch auf diesem Gipfel, nachdem wir ja bereits 2014 hier waren und uns aufgrund des schlechten Wetters entschieden hatten, nicht mehr den Verbindungsgrat zwischen Haupt- und Ostgipfel auf uns zu nehmen. Die Aussicht von hier oben ist geradezu phänomenal!
Dennis am Piz Palü Alex am Piz Palü

 

Walliser, Berner und andere Berg-Prominenz winke uns zu und wir schauen auf den Ostgipfel „hinab“. Was eine grandiose Tour bis hierher und im Vergleich zu gestern einfach reiner Genuss! Keine Qual, keine Warterei, einfach nur schön. Einzig auf den Abstieg, den Dennis und ich bereits aus 2014 kennen, haben wir nicht wirklich Lust. Zieht sich der Normalweg doch erheblich durch ein Spalten- und Gletscherbruchlabyrinth und wartet danach noch mit einem kleinen Gegenanstieg zur Diavolezza auf.

Das Team am Piz Palü Piz Palü ÜberschreitungAber daran will ich in diesem Moment noch nicht denken. Ich genieße viel mehr die Tatsache, mit Freunden bei bestem Wetter auf einem wirklich schönen Berg zu stehen, keinen Zeitdruck zu haben und einfach die Schönheit der Natur zu bewundern. Wie ich im Nachhinein feststellen werde, entstand hier oben auch das einzige Gipfelfoto von uns vier gemeinsam. Im Anschluss folgte noch der formschöne Übergangsgrat zum Ostgipfel und vom Ostgipfel hinab auf den Normalweg.

 

Shooting über den Wolken

Ostgrat Piz Palü - ein Wattetraum

 

Ich schicke Dennis und Lukas vor und setze zu einem kleinen Fotoshooting an. Mal wieder entsteht ein stimmungsvolles Bild und es lohnt sich dann doch, dass ich die große Kamera schon den zweiten Tag über den ganzen Grat schleppe. Auch die Kamera will schließlich die Bernina durchqueren.
Lukas unser Klettermodel Flo im Hintergrund der Piz Palü

 

Spaltenreicher Abstieg

Angekommen am Joch, fragt uns der bereits vom Vorabend bekannte Bergführer mit seinen zwei Ingoldstädter Gästen, ob wir nicht gemeinsam in einer Seilschaft über den Gletscher absteigen wollen.
Die Jungs aus Ingoldstadt

 

Eine 7er Seilschaft hatte ich bisher noch nie. Aber bei dem zerrissenen Gletscher sind mehr Personen an einem Seil besser als zu wenig und so steigen wir in einer langen Perlenkette zu siebt durch butterweichen Schnee in einer kleinen Rutschpartie ab. Dennis, der vor mir läuft, gibt des Öfteren seine Balletttänzerqualitäten zum Besten und ich musste angesichts seiner einbeinigen Pirouetten und Sturzeinlagen teils lauthals lachen. Was ein Spaß auf Kosten des anderen! 😉 Vielleicht sollte er sich mal bei Schwanensee bewerben.
Surreale Gletscherwelt Bergwelt Engadin

 

Der restliche Abstieg gestaltet sich unspektakulär. Einzig die großen Spaltenbrücken und Gletscherbrüche wirken surreal und interessant. Gegen 14 Uhr sitzen wir dann nach gut 6 Tourenstunden bei Radler und Sonne auf der Diavolezza und genießen das gesamte Panorama, welches wir die letzten zwei Tage durchquert haben.

 

Traumhafte Tage ziehen vorüber

Unser heutiger Tourenverlauf von rechts nach links Piz Palü im SpiegelUnser gestriger Tourenverlauf - der Biancograt

 

Auf dem Bild rechts erkennt man mittig deutlich das felsige Joch, von dem der Zustieg zum Biancograt startet und ganz links durch die Gletscherbrüche verläuft der Normalweg des Piz Palü. Was eine grandiose Bergwelt!
Angekommen auf der Diavolezza, steht mal wieder eine Entscheidung an. Der aktuelle Wetterbericht auf der Diavolezza verspricht nichts Gutes: Wettersturz, ausgiebige Niederschläge und die Schneefallgrenze soll auf rund 2500m sinken. Definitiv nicht das richtige Wetter für den Ostpfeiler. Nachdem zwar der Samstag wieder gut prognostiziert wird, dann aber sicher viel Neuschnee in den Flanken liegen wird, lohnt sich auch warten nicht. Unser Projekt Piz Palü Ostpfeiler bleibt also weiterhin ein Projekt. Aber der Berg wird noch lange stehen und lieber wiederkommen, als nicht mehr ins Tal kommen.

Hippieträume

Also geht es mit der Bahn ab ins Tal und auf den idyllischen Zeltplatz in Mortaratsch, wo wir das schlechte Wetter aussitzen wollen. Unser armer Student Lukas entscheidet sich noch aus Spargründen für einen Lauf ins Tal und wir nehmen dafür seinen Rucksack mit. Wir alten Männer müssen halt doch unsere Knie schonen.

Campingplatz Mortaratsch

 

Tourenfazit

Im Rückblick war es die richtige Entscheidung, auf den Ostpfeiler zu verzichten. In der Nacht zog ein Gewitter auf, was ich selten so erlebt habe. Teilweise erhellten 10 Blitze hintereinander 10 Sekunden lang den Nachthimmel und es donnerte ohne Ende. Ich lag dösend im Zelt und zählte immer die Zeit zwischen Blitz und Donner. Als es nur noch eine Sekunde war, machte ich mir dann doch Gedanken was wohl passieren würde, wenn der Blitz in unser Zelt einschlagen würde. Aber auch das Gewitter ging vorüber und nachdem es den gesamten Freitag regnete, sahen wir dann am Samstag bei strahlendem Sonnenschein, wie tief verschneit der Piz Palü Ostpfeiler dann tatsächlich war. Definitiv hatten wir also richtig entschieden und schon heute kann ich versprechen, dass dies nicht der letzte Bericht von mir aus der Bernina sein wird.
Piz Palü nach Neuschnee am nächsten Tag

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Flo
Flo

3 Comments

  1. Sabrina sagt:

    Noch so eine klasse Tour – sehr genial!

    Großartige Bilder, schöne Erzählungen… Cool! Sabrina

    • Flo sagt:

      Hi Sabrina, danke für die Komplimente. Es war wirklich eine tolle Tour! Wann treibt es euch mal wieder Richtung 4000m? Bis bald hoffentlich mal!
      Lg Flo

  2. Norbert sagt:

    Diese Berge und das Engadin sind das schönste und beeindruckendste , was die – hier gerade noch – Ostalpen zu bieten haben. Die Überschreitung von Bellavista und Piz Palü gehört für uns bis heute zu den einprägsamsten Bergerlebnissen.
    Übrigens bietet sich der Piz Palü im Frühjahr von der Diavolezza auch als Skitour an. Die Abfahrt über Pers- und Morteratschgletscher ist bei guten Schneeverhältnissen ein Genuss … und zum Schluss ohne Gegenanstieg! 🙂

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