Der Traum vom Fliegen – Gleitschirmfliegen B-Schein
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6. August 2018Zelten 100 Meter über dem Boden – Eine Nacht in der Portaledge
Übernachtung in der Kletterwand
Eingekuschelt liege ich in meinem Schlafsack da. Meine Gedanken kreisen. Ein glückliches, zufriedenes Grinsen liegt auf meinem Gesicht, während ich aus dem Zelt blicke und den Sonnenuntergang bestaune.
Ich habe schon ein paar eindrucksvolle Sonnenuntergänge beobachtet, z. B. auf unserer Skihochtour am Monte Rosa. Der heutige ist dennoch etwas ganz Besonderes. Das Zelt teile ich mir mit Felix. Jedoch steht es nicht etwa auf dem Boden, wie man es sonst vom Zelten kennt. Wir hängen in luftiger Höhe mitten in der Südwand des Roß- und Buchsteins in den Bayerischen Voralpen. Hier war ich schon zwei Mal, einmal zum Klettern und einmal sind wir auf den Roß- und Buchstein gewandert. Aber jetzt ist alles anders!
Aber springen wir kurz zurück zum Beginn dieses eindrucksvollen Trips…
Der Beginn einer Reise in luftige Höhen
Als die Einladung zum Alpincamp von Bergzeit.de bei uns eintrudelte war von vorneherein klar, wer an dem Trip teilnehmen würde. Schon seit Jahren träumte ich davon, mal in einer Portaledge (Wikipedia) zu übernachten. Diese abgefahrenen Zelte, die vor allen Dingen Bigwall-Kletterer in den USA hinter sich herziehen, um direkt in der Wand zu schlafen. Eine Zusage war also reine Formsache. Für mich war es eine Ehre, den Trip als Blogger für Bergzeit begleiten zu dürfen!
Tag 1 – Mein erstes Mal, abhängen in der Portaledge
Es ist ein schöner und sonniger Freitagmorgen im September, als Laura und ich auf dem Parkplatz der Tegernseer Hütte ankommen. Wir lernen die ersten Teilnehmer sowie Tobi und Daniel kennen, die beiden Bergführer, die den Trip professionell begleiten werden.
Nachdem alle da sind, checken wir unser Material, damit keiner zu viel oder zu wenig mit sich herumschleppt. Dann folgt die Bescherung, denn das Bergzeit Alpincamp findet in Kooperation mit Black Diamond statt und die lassen sich nicht lumpen! Jeder Teilnehmer erhielt einen Klettergurt, Helm, Standplatzschlinge, Rucksack, Stirnlampe, T-Shirt und zwei Karabiner. So konnten wir bestens ausgerüstet starten.
Dann geht es auch schon los und wir beginnen mit dem Aufstieg zur Tegernseer Hütte. An der Sonnenalm, die ihrem Namen heute mal wieder alle Ehre macht, legen wir eine Pause zur Stärkung ein. Die Sonne brennt vom Himmel und die Hütte thront weit über uns zwischen den beiden Gipfeln. Wir alle freuen uns auf ein leckeres Kaltgetränk dort oben.
Auf der Tegernseer Hütte angekommen besprechen wir die weitere Vorgehensweise, während wir was essen und trinken. Damit alle Teilnehmer für die Nacht in der Portaledge auf dem gleichen Stand sind und es auch beim Klettern keine Probleme gibt, steht heute eine Praxiseinheit auf dem Plan. Abseilen, Aufsteigen am Seil und ein paar andere Dinge üben wir am Fuß der Kletterwand. Danach bauen wir noch die Zelte am Boden auf, denn vier von uns schlafen in der Portaledge und vier unten. In der zweiten Nacht wird dann getauscht.
Die Zeit rennt und so dauert es nicht lange, bis wir uns wieder an den Aufstieg zurück zur Hütte machen müssen. Das Abendessen wollen wir schließlich nicht verpassen. Auf der Terrasse mit Traumblick schlagen wir uns die Mägen voll. Danach muss alles ganz schnell gehen, denn der Plan ist so einfach wie klar:
Zum Sonnenuntergang wollen wir in unseren hängenden Zelten mitten in der Kletterwand sein und ihn voll und ganz auskosten!
Jetzt noch mal schnell auf die Pipi-Box, damit wir in der Nacht nicht müssen. Bevor Tobi dann mit drei von uns den Abstieg zu den Zelten antritt, machen wir anderen uns auf der Hütte bettfertig. Jeder seilt ab zu seiner Portaledge. Ich darf als Erster mein Lager in der zweier Portaledge beziehen, die ich mir mit Felix teilen werde. Daniel und Carina schlafen jeweils in der Einer-Variante schräg über uns. Ganz schön beengt ist es hier drin, aber schon die ersten Sekunden überwältigen mich. Ich sitze im Eingang des Zelts, unter meinem Hintern rund 100 Meter Luft. Hier kann man nicht nur die Seele, sondern die Beine gleichermaßen baumeln lassen! Während die anderen drei abseilen beginne ich mit der „Arbeit“ und schieße Bilder. Ein Job, an den ich mich glatt gewöhnen könnte 😉
Eingeschnürt in unsere Klettergurte und angeseilt am Fixpunkt sitzen wir da und… genießen! Kaum einer sagt ein Wort, denn das ist auch gar nicht nötig. Das Farbenspiel am westlichen Himmel macht uns sprachlos. Beinahe frei wie ein Vogel fühle ich mich hier oben. Obwohl ich wirklich entspannt bin und mich zu 100% sicher fühle, schwingt das Abenteuer immer mit.
Nachdem die Sonne hinter dem Roßstein verschwunden ist wird es sehr schnell kalt. Also kuscheln wir uns in unsere Schlafsäcke und lassen weiterhin die Füße aus der Portaledge hängen. Die ganze Zeit sind wir noch angeseilt und das wird auch den Rest der Nacht so bleiben. Es dauert noch eine Weile, bis wir uns hinlegen und die Tür am Kopfende öffnen. Jetzt wird es beinahe kitschig, so richtig mit Sternenhimmel und so.
„Ob es den anderen vier dort drüben, rund 150 Meter unter uns auch so gut geht? Und was muss ich tun, damit ich die zweite Nacht auch hier oben pennen darf?“ denke ich mir noch, während ich langsam den Eingang des Hängezelts schließe. Kurz darauf entschwinde ich in einen wahnsinnig guten Schlaf.
Tag 2 – Schufterei für’s Gipfelerlebnis
Eigentlich viel zu früh für einen Samstagmorgen klingelt der Wecker. Wir wollen den Sonnenaufgang nicht verpassen, deshalb halten wir es nach dem Motto „Der frühe Vogel…“. Wir kommen aus dem Staunen kaum heraus. Erst, als der Tag vollends angebrochen ist, packen wir unsere sieben Sachen zusammen und machen uns bereit. Um den Frühstückstisch an der Hütte zu erreichen müssen wir erst mal wieder nach oben jümarn, also am Seil aufsteigen. Dafür genießen wir dort oben einen perfekten Morgen mit einem wundervollen Blick hinab ins Tal.
Die anderen vier haben die Nacht ebenso gut überstanden und freuen sich nach unseren Erzählungen umso mehr darauf, die zweite Nacht in den Portalegdes zu verbringen. Es wird auch schnell klar, dass niemand verzichten und mir seine zweite Nacht abtreten möchte, also werde ich wohl auf dem Boden schlafen müssen 😛
Nach dem Frühstück stürmen wir wieder den Wandfuß des Roß- und Buchsteins und bekommen eine Lektion im Standplatzbau. Danach geht es endlich in die Mehrseillängen! Die Seilschaften haben unsere beiden Führer eingeteilt und ich darf mit Martin, einem bärenstarken Kletterer, hart durchblocken. Die anderen müssen am „Südwandschmankerl“ (6-) leider warten, bis der Einstieg frei wird. Die Tour bin ich vor ein paar Jahren auch schon geklettert und kann sie nur empfehlen!
Martin und ich steigen in die „Mann oder Memme“ (7-/8-) ein. Eigentlich wollen wir in der ersten Seillänge die 7- gehen, steigen aber falsch ein und müssen dann eben gleich mal die 8- zum Aufwärmen klettern 😊 Nach ein paar tollen aber auch schweren Seillängen erreichen wir wieder die Tegernseer Hütte. Die Terrasse ist bei diesem Bombenwetter proppenvoll!
Nach einer Stärkung ist ziemlich schnell klar, ein paar von uns haben noch nicht genug und wollen noch mal los. Wir seilen ab zum sogenannten Daumen und steigen sofort ein. Die Tour ist leicht, uns geht es nur um einen weiteren Gipfel, vor allen Dingen, wenn er so schön luftig ist wie der hier. Schnell sind wir fünf oben und posieren für die Drohnenfotos. Danach geht’s flux wieder nach unten und zurück zur Hütte. In der Stube lassen wir’s uns beim Abendessen so richtig gut gehen.
Kontrastprogramm nennt man wohl das, was wir in dieser Nacht erleben durften!
Nach dem Abendessen machen wir uns auf den Weg Richtung Zeltwiese. Es ist schon dunkel und wir sind zu faul, die abgebauten Zelte wieder aufzuschlagen. Wir entscheiden uns also für ein Biwak, was sich noch als fataler Fehler herausstellen sollte. Erstens stellt sich raus, dass Tobi, der heute in der Portaledge schläft, sich vorhin versehentlich meinen Schlafsack gegriffen hat. Er hat zwar das gleiche Modell, aber so etwa 20cm kürzer. Ich schaue also oben entsprechend weit aus dem Schlafsack raus. Und zu allem Überfluss fängt es nachts noch an zu gewittern… Wir stapeln uns, so weit wie möglich, unter einem kleinen Vordach. Die letzten Stunden bis zum Sonnenaufgang verbringen wir mehr sitzend und wach als liegend und schlafend.
Tag 3 – Schwarzes Gold und große Verabschiedung
Mit den ersten Sonnenstrahlen packen wir unsere sieben Sachen und steigen auf zur Hütte. Das Frühstück stärkt unsere Körper und der Kaffee fühlt sich an wie flüssiges, schwarzes Gold in meinen Venen. Direkt im Anschluss holen Daniel und Tobi die drei Portaledges wieder aus der Wand und wir üben noch mal deren Aufbau.
Danach machen wir uns – wohl oder übel – an den Abstieg. Unser Abenteuer neigt sich, wie so oft, viel zu schnell dem Ende. Richtung Norden steigen wir über einen Wanderweg ab und wandern zurück Richtung Parkplatz. Unsere Gespräche drehen sich vorrangig um die letzten beiden Tage und das gemeinsam Erlebte. Diese Nacht in der Portaledge hat sich in mein Gedächtnis eingebrannt. Auch heute denke ich noch liebend gern daran und spiele seitdem mit dem Gedanke, mir früher oder später auch mal eine zu kaufen. Ja ich weiß, ich klettere (noch) keine Bigwalls, aber der Reiz einer Nacht in luftiger Höhe bleibt mir bis heute von diesem Trip.